Bereits seit einigen Jahren übernehmen immer wieder Schülergruppen die Grabpflege auf Annettenhöh. Dort liegt eine Schleswiger Persönlichkeit, die vor hundert Jahren zu durchaus internationaler Berühmtheit gelangt ist, begraben: Ulrich Graf von Brockdorff-Rantzau. Er war in der Weimarer Republik der erste Außenminister Deutschlands.
Am 29. Mai 1869 kam er in der Schleistadt im heutigen Stadtweg als Sohn der altehrwürdigen, hochadligen dänisch-schleswig-holsteinischen Familie zu Rantzau zur Welt, und zwar als Zwilling. Sein Zwillingsbruder Ernst sollte in seinem Leben eine – wie oft bei Zwillingen festzustellen – wichtige Rolle einnehmen. Zwei Jahre zuvor, im Jahre 1867 war bereits der ältere Bruder Friedrich geboren worden – und ein Jahr später, im Juli 1870 folgte dem Ehepaar Rantzau ein vierter Sohn, Christian.
Sein Vater Hermann Graf zu Rantzau war übrigens von 1865 bis 1868 der letzte Landrat von Stapelholm. Leider starb dieser im Alter von nur 32 Jahren und wurde an seinem Geburtsort Plön beigesetzt.
Die Mutter, Gräfin Juliane, war nunmehr gezwungen, den vier Kindern – ohne den Vater als Familienoberhaupt – eine standesgemäße Erziehung und Ausbildung zukommen zu lassen. Zunächst zog sie mit ihren Söhnen nach Kletkamp bei Plön und schließlich nach Eutin, wo Ulrich an dem dortigen Gymnasium sein Abitur ablegte.
Als knapp Neunzehnjähriger nahm Graf Ulrich 1888 sein Jurastudium auf – zunächst in Neuchatel, dann in Freiburg. Sein Examen nach dem Referendariat legte Brockdorff-Rantzau in Berlin ab und seine Promotion zum Doktor der Rechte in Leipzig.
Anschließend schlug er die Offizierslaufbahn ein und trat danach den diplomatischen Dienst an, als Legationsrat in St. Petersburg, in Wien und schließlich von 1909 bis 1912 als Generalkonsul in Budapest. 1912 wurde er Gesandter in Kopenhagen, nach dem Ende des Kaiserreiches Staatssekretär und, wie erwähnt, im Februar 1919 Reichsminister des Äußeren in der Weimarer Republik. Bereits im Juni 1919 trat er allerdings von dem Ministeramt zurück, da er die harten Bedingungen des Versailler Vertrages nicht akzeptieren und nicht mitverantwortlich unterzeichnen wollte. Ihm war es als Leiter der deutschen Delegation bei den Friedensverhandlungen in Versailles nicht gelungen, die Bedingungen für Deutschland deutlich zu verbessern.
Schließlich wurde er deutscher Botschafter in Moskau und war in dieser Funktion sehr um eine deutsch-sowjetische Annäherung bemüht.
Ulrich von Brockdorff-Rantzau – von vielen als „bemerkenswerte Persönlichkeit“ wahrgenommen – starb 1928 in Berlin, beigesetzt wurde er in Schleswiger Erde auf Annettenhöh.
Bereits im Alter von vier Jahren war er von Ulrich von Brockdorff, seinem Großonkel, und dessen Frau Cäcilie adoptiert worden, da diese früh ihr einziges eigenes Kind verloren hatten. In der Folge erhielt er aufgrund einer kaiserlichen Order den Doppelnamen von Brockdorff-Rantzau. Außerdem gelangte er in den Besitz des Brockdorffschen Herrenhauses Annettenhöh, das nunmehr seit 1991 Dienstsitz des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein ist. Das Land Schleswig-Holstein hat den Besitz Annettenhöh 1985 von der Gräfin Ehrengard zu Rantzau auf Noer, der Schwiegertochter Ernst zu Rantzaus, gekauft und das Anwesen grundlegend sanieren lassen.
Im Februar 2019 hat zum ersten Mal eine Schulklasse der Bruno-Lorenzen-Schule die Grabanlage besichtigt. Die Schleswiger Nachrichten sprachen seinerzeit vom „Geschichtsunterricht am Grab“.
Einige Schüler waren wirklich angetan, ja z.T. fasziniert – vor allem deswegen, weil sie erfuhren, dass dort ein ehemaliger Außenminister begraben liegt, also eine echte internationale Persönlichkeit, die in Schleswig beheimatet war. Eine Schülerin sagte beispielsweise: „Da wird Geschichte richtig interessant, weil man so einen direkten Bezug hat.“ Lernen vor Ort, das war das Ziel dieser Exkursion.
Aus dieser ersten Begegnung heraus hat sich dann eine Arbeitsgemeinschaft in der Offenen Ganztagsschule entwickelt, an der Schülerinnen und Schüler freiwillig teilnehmen. Dahinter stand der Wunsch, dieses Grab des berühmten Schleswigers ein wenig ansehnlicher herzurichten. Vorbereitende Gespräche mit dem jetzigen Eigentümer ergaben „grünes Licht“ für das Projekt und im September 2019 nahmen die ersten freiwilligen Bruno-Schüler ihre Arbeit auf…….
In dem laufenden Schuljahr 2021/22 hat sich die Klasse 10b bereiterklärt, diese Aufgabe zu übernehmen:
Stand: 01.01.2022